Die Anfänge des Segelfliegens in Lengerich

(Text von Hans Kiepker †)

Einer der Treibenden in der fliegerischen Pionierzeit Lengerichs war der Fluglehrer Albert Hülb ( geb. 1883 ). Nach kriegerischen Einsätzen auch an der Front kam er 1921 in unsere Stadt. An der Bahnhofstrasse – gegenüber des Schuhauses Fiegenbaum – betrieb er ein Tabakwarengeschäft. Hülb gründete am 22.7.1930 den Deutschen Luftfahrt Verband e.V. Lengerich. Er war genau der richtige Mann als Fluglehrer und Techniker. Ausgelöst wurde die Begeisterung für den Segelflug durch den Piloten Robert Kronfeld, der von Riesenbeck bis zum Hermannsdenkmal flog. Das war der erste Segelflug über 100 Kilometer!

Am Berg vor dem Kalkwerk Kleefeld entstand durch Rodung ein Flughang und bald danach eine eigene Flugzeughalle (etwa südlich des heutigen Richtfunkturmes der Post). Sechs Personen demontierten in fünf Tagen eine Sprengstoffbaracke von Krupp und transportierten sie auf den Teuto, um sie dort wieder aufzubauen. Das Unternehmen kostete 1000 Mark.

Zu den „Männern der ersten Stunden“ gehörten neben Hülb, Weizel, Schönhoff, Brockmann, Hunnekuhl, Decker, Heber, Katzenberger,  Banning und Lunau. Die erste Flugmaschine hieß „Zögling“. Den Hang hinunter zu fliegen ging in Sekunden, bergauf jedoch dauerte es erheblich länger. Acht bis zehn Männer schoben bzw. zogen. Das minderte aber nicht die Begeisterung.

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Zum „Zögling“ gesellte sich bald der Doppelsitzer „Adler“. 1937 kam das „Grunau – Babv II hinzu. Im nördlichen Westfalen gab es zwei Hochburgen des Sports. Oerlinghausen und Lengerich. Hangstarts aus ca. 170 Metern Höhe konnte man vom Teuto haben, deshalb nutzten auch Osnabrücker und Grevener den Hang mit. Sonntags wenn das Wetter mitspielte beobachteten viel Nichtflieger von der Stadt das Treiben am Himmel. Die Kriegsiahre sorgten für eine Pause und forderten auch Opfer von den jungen Piloten des Vereins. In einer Werkstatt von Dyckerhoff nahm man die Arbeit wieder auf. Der Dipl. Ing. Riedel und A. Hülb konnten ihre enormen Kenntnisse einbringen. Zwei Tage im August 1951 trat der Verein mit einem Sommer­fest an die Öffentlichkeit. Wolf Hirth ein weltbekannter Segelflieger sprach in der Gaststätte Brunsmann (heute Centralhof). Einer der Gründe bestand darin die Jugend für den Sport zu gewinnen. Bald be­gann der Bau einer Maschine vom Typ SG 38. In den Nachkriegsjahren erhielt der Verein Unterstützung von Firmen wie W&H, Dyckerhoff, Gempt, Geierwwerke (Upmeier ), der TWE und der Werkstatt Hans Riek. Der Vorstand setzte sich 1952 wie folgt zusammen: Alfred Reinhold, L.Wittekind, Ewald Densborn, P.Groh, W.Schier, J.Focke, K.Banning und F.Busche. Mit der SG 38 ging es richtig „aufwärts“.

Das alles konnte nur erreicht werden, weil der Verein zielstrebig eine Werkstatt ausbaute, sodass die Anforderungen für aufwendige Reparaturen ausgeführt werden konnten. Hochqualifizierte Mitarbeiter aus vielen Berufssparten sahen sich in der Lage alle Arbeiten fachgerecht auszuführen.

Der „Vater“ der Lengericher Segelflieger Albert Hülb taufte das neu hinzugekommene „Grunau Baby“ auf den Namen „Bettelstudent“.

Mit Greven zusammen nutzte man die Hüttruper Heide. 421 Starts in der Saison 1955 erfolgten störungsfrei. Diese wurden nur ermöglicht durch die in 4000 Stunden erstellte Winde unter Werkstattleiter Ewald Densborn.

Einen Schatten auf die hellen „50er Jahre“ warf der Tod von A.Hülb, der schon in der ersten Lengericher Maschine saß. Im gleichen Jahr ergänzte eine Ka8 den Doppelsitzer Ka7. Die Ka8 leistete Erstaunliches: in ca. 15 Minuten von Lengerich nach Hüttrup und 2500 Meter Höhe. 1959 kapriolte ein Motorzweisitzer am Himmel über dem Platz herum. Auch ein Looping fehlte nicht. Nach der Landung stellte man dem Piloten die Frage ob er seine Brieftasche vermisse. Der Pilot wurde recht nervös als er seine Taschen befühlte. Ganz ruhig sagte der Frager:  „Ich sag dir, was passiert ist. Nach dem Looping haben wir sie kommen sehen.“ Zwei Bravourleistungen läuteten die 60er Jahre ein. Die Langstreckenflüge von A. Aufderhaar und Karl-Heinz Bertermann führten bis Kiel bzw. zur „Zonengrenze“. Bei einem anderen Flug bewies das Funkgerät Nützlichkeit und Schnelligkeit für Nichtflieger. Der Pilot entdeckte einen Wald­brand bei Kattenvenne und alarmierte von oben die Feuerwehr.

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Mit Beginn der 1970er Jahre hatte der eine neue ASK13 erworben und verfügte damit über vier Maschinen. Seit seiner Gründung standen nun über 20000 Starts in den Startlisten. In Hüttrup sah es nun edel aus. Man bestaunte das Vereinsheim „Eule“ und den Hangar und zu Hause an der Ostpreußen­ Strasse die ausgebaute Werkstatt. In unmittelbarer Nähe des Segelflugplatzes rollte die Aktion „BIG LIFT“ ab. NATO -Truppen landeten auf dem FMO und entluden in großer Menge schweres Kriegsgerät und Truppen für ein gewaltiges Manöver im hiesigen Raum. Während der Aktion lief der Segelflugbetrieb weiter. Im Rahmen eines Großflugtages 1987 verfolgten die Segelflieger wie in einer Theaterloge sitzend Landung und Start der „CONCORDE“. Wie klein waren nun die eigenen Maschinen! Also rüsteten die Segelflieger nach mit einer LS 1 und einer weiteren ASK13. Bei einer Waldlandung wurde die ASK13 leider stark beschädigt, jedoch in der Werkstatt komplett wieder aufgebaut. Die Besatzung kam mit dem Schrecken davon.

Mit dem Aufkommen von GFK-Doppelsitzern kaufte der Verein für die Schulung eine ASK21. Sie erhielt den Namen „Tecklenburger Land“.

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Es muss eigentlich nicht erwähnt werden, dass in all den Jahren Feste, Schulungen, Lehrgänge, Wettbewerbe und Besuche anderer Vereine eine Selbstverständlichkeit waren. Hans Kiepker, Fluglehrer Klaus Dölger und andere sorgten schon dafür. Hunderte von Jugendlichen durchliefen die Werkstatt, erlernten Theorie und Praxis und erhielten den Pilotenschein. Aus dem Lengericher Verein gingen Flugkapitäne, Bundeswehrpiloten, Angestellte der Flugsicherung und Dipl-Ing. der Flug -und Triebwerkstechnik hervor. Hervorgehoben sei zum Schluss, dass die Zusammenarbeit mit der Luftfahrtvereinigung Greven in Jahrzehnten für beide Seiten von Vorteil war.  ­