Von der Vereinsgründung 1931 bis 1945 

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Herbert Schründer

Ein besonderer Enthusiasmus und Engagement für den Flugsport prägte die siebzehn Gründungsmitglieder der Luftfahrtvereinigung Greven, die sich am 1. Mai 1931 trafen und den Grundstein des Vereins legten.  Den Vorsitz der Luftfahrtvereinigung übernahm der Textilfabrikant Herbert Schründer, (Bild links) während Willi Kranemann die Leitung der Segelflugabteilung behielt. Herbert Schründer gelang es mit dem Bauern Große Drieling in Hüttrup einen langjährigen Pachtvertrag über das Gelände „Hüttruper Heide“ abzuschließen. Die Luftfahrtvereinigung sah ihre Hauptaufgabe darin neben einem brauchbaren Gelände auch Unterstellhallen für Flugzeuge sowie ein Vereinsheim für die Aktiven zu schaffen. Am 15. Dezember 1931 begann die Lfv-Greven mit Unterstützung des freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) mit dem Bau von Vereinsheim und Halle in der Hüttruper Heide. Im Rahmen des FAD wurden in Deutschland großangelegte Programme zur Beschäftigung arbeitssuchender Jugendlicher und Erwachsener organisiert, die man für zusätzliche ausschließlich gemeinnützige Arbeiten einsetzte.  Offizieller Träger dieser Maßnahme in Greven war die Stadt. Planung, Bauleitung und Ausführung wurden ehrenamtlich von Herrn Schüller übernommen. Das Baumaterial erhielt man ohne zusätzliche Kosten zum Teil aus Abbrüchen von Fabrikhäusern der Firma Biederlack, des Eiskellers der alten Vereinsbrauerei, zum größten Teil aber aus dem Abbruchmaterial der alten Adlerbrauerei, in der noch bis 1917 Bier gebraut wurde. Die kostenlose Anfuhr übernahm Unternehmer Alex Böhmer aus Schmedehausen. So gelang es, mit außerordentlich geringen Mitteln bis zum Spätsommer 1932 das Fliegerheim „Hüttruper Heide“ im Rohbau fertigzustellen.

Der Bau von Clubhaus und Halle erforderte zusätzliche Geldmittel. Daher lud im Frühjahr 1932 die Luftfahrtvereinigung den bekannten  Ozeanflieger Hermann Köhl  zu einem Werbevortrag nach Greven. Der große Saal von Winninghoff war bis auf den letzten Platz besetzt.

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Besichtigung Rohbau mit Ozeanflieger Köhl
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Fliegerheim 1932

Im Oktober 1932 organisierte der Verein auf dem erst zum Teil fertiggestellten Flugplatz einen Flugtag im größeren Stil, der ein ganz großer Erfolg wurde. Fast 5000 zahlende Zuschauer besuchten den Flugtag, um sich an den Vorführungen der Motor- und Segelflugzeuge und den gelungenen Absprüngen einer Fallschirmspringerin zu begeistern. Viele Grevenern ergriffen, die damals für viele einmalige Gelegenheit, als Gast in einer Motormaschine einen Rundflug über Greven erleben zu dürfen.

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Flugtag 1932
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Herbert Schründer konstruierte in diesem Jahr eine erste Motorwinde für den Windenhochstart, die die Vereinsmitgliedern in der Schlosserwerkstatt der Firma J. Schründer Söhne, einer seinerzeit großen Textilfirma, bauten. Die Winde unterschied sich ganz wesentlich von den sonstigen Konstruktionen der damaligen Zeit. Auch wenn die Motorwinde sich nicht als Vorbild für spätere Startwinden durchsetzen konnte, so hat die Winde doch über vier Jahre zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet, ohne ein einziges mal zu einem Unfall Veranlassung zu geben.

Im Frühjahr 1933 kam durch das Ende der Weimarer Republik und dem Beginn des Dritten Reiches die Sportfliegerei zunächst zum Erliegen. Die Maßnahme der Flugplatzplanierung wurde aber weitergeführt und am 1. Januar 1934 abgeschlossen. Bereits im Spätsommer des Jahres 1933 wurde die Jungfliegergruppe in den Deutschen Luftsportverband überführt. Im Sommer 1933 bezog die Berufschule in Greven neue Räumlichkeiten in der Grundkampstraße. Die Luftfahrtvereinigung erhielt die Möglichkeit diese außerordentlich gut eingerichtete Werkstatt mit zu nutzen. Zunächst unter Anleitung von Gewerbelehrer Fritz Raab, konnte man hier nicht nur einfache Schulgleiter, sondern auch leistungsfähige Segelflugzeuge vom Typ „Falke“ und „Grunau-Baby“ herstellen. Nach seiner Berufung als Werkstattleiter einer Fliegergruppe in Bayern wurde August Löffelholz sein Nachfolger.

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Fritz Haupt, Willi Steinmeier und August Löffelholz an dem Rohbau des Falken in der Hüttruper Heide
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Falke im Flug

Der „Falke RVa“, eine Konstruktion von Alexander Lippisch, von der Rhön-Rossitten-Gesellschaft e. V. (RRG) aus dem Jahre 1931, verfügte über eine Spannweite von 13,2 m, eine Höhe von 1,75 m, eine Länge von 5,26 m bei einem Leergewicht von 165 kg. Der Falke war beliebt wegen seiner einfachen Handhabung und damit auch besonders für fortgeschrittene Flugschüler geeignet. Zur rationellen Ausnutzung des in Greven vorhandenen Geländes nebst Heim und Halle lud die LfV-Greven die Segelfliegergruppen der Nachbargemeinden aus Lengerich, Telgte, Borghorst und Burgsteinfurt nach Greven ein. In der Folge entwickelte sich in den Jahren ein außerordentlich reges fliegerisches Treiben auf dem Fluggelände in der Hüttruper Heide. Grevens Jungflieger erreichten bereits damals Leistungen von 1-2 Stunden Segelflugdauer und Fritz Haupt gelang ein spektakulärer Uberlandflug bis nach Bremen. Mit dem Falken wurde auch auf dem Zierenberg bei Kassel geflogen.

Auch wenn Motorflieger noch keine Vereinsmitglieder waren, so erinnern sich viele an den Bruder des Vorsitzenden, Erwin Schründer, der mit seiner „Klemm 25“ die Grevener in den 1930er Jahren begeisterte. Erwähnt werden muss auch in diesem Zusammenhang der Flieger Suwelack aus Billerbeck, der häufig Gast auf der Hüttruper Heide war und ebenfalls der Luftwaffenhauptmann Leonardi, der oft Gelegenheit nahm mit seiner schnittigen Focke-Wulf FW56 „Stößer“ die Grevener Flieger zu besuchen.

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Fluggelände Hüttruper Heide 1938

Einen einschneidenden Wandel erlebte die Lfv-Greven im März 1933 als in Deutschland alle Luftsportvereine mit ihrer bisherigen Dachorganisation, „Deutschen Luftfahrt Verband“, in den neugegründeten „Deutschen Luftsport-Verband“, überführt wurden.  Der Verband war ein von der NSDAP gegründeter Verein mit dem Vorsitzenden Hermann Göring. Die wesentliche Aufgabe des Verbandes war die militärische Fliegerausbildung und ein einheitlicher Aufbau des Luftsports in Deutschland. Am 19. April 1937 wurde der DLV aufgelöst. Die Rechtsnachfolge trat das nationalsozialistische Fliegerkorps, NSFK an. Die Grevener Segelflieger wurden damit in das NSFK übernommen. Das Fluggelände in der Hüttruper Heide gehörte nun organisatorisch zur Gruppe 10 „Westfalen“ des NSFK, dass aus insgesamt siebzehn regionalen Gruppen bestand und seinen Verwaltungssitz in Dortmund hatte. Geleitet wurde die Dortmunder Gruppe vom Gruppenführer Heinrich Sieler. Zu dieser Zeit wurde die Kennzeichnung der Segelflugzeuge geändert. Die Registrierung der Segelflugzeuge des NSFK begann mit einem „D-„, die der Luftwaffe mit einem „WL“. Inzwischen war in der Werkstatt der Firma Schründer Söhne ein von diesem Unternehmen zur Verfügung gestellter Mercedes Kompressor zu einer Winde umgebaut worden. Dieser Wagen diente gleichzeitig als Transport- und Mannschaftswagen. Dieses vielseitig einsetzbare Fahrzeug wurde das Vorbild für Segelfliegergruppen der näheren und weiteren Umgebung. 1938 hatte die Grevener Gruppe unter allen Segelfluggruppen im Deutschen Reich die größte Anzahl an Starts aufzuweisen. Als Auszeichnung für diese Leistung erhielt Greven vom Korpsführer des NFSK, Friedrich Christiansen, ein Segelflugzeug vom Typ „Rhönadler“. Diese Hochleistungsmaschine, die von Hans Jakobs konstruiert wurde, hatte etwas über 17m Spannweite und eine Gleitzahl von 1:20 und konnte somit aus 1000m Höhe ohne Aufwinde ca. 20km weit gleiten und war in dieser Zeit eine der begehrtesten Maschinen für Segelflugwettbewerbe.

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Vereinsheim mit Flugzeugpark 1939

Das Jahr 1938 brachte einen besonderen Erfolg im regionalen Wettbewerb von Rheinland und Westfalen, in dem die Lfv-Greven außer der besten Streckenzahl eine große Anzahl der Tagespreise für sich verbuchen konnte. Fritz Haupt flog bei diesem Wettbewerb von Oerlinghausen bis Hamburg-Harburg. Die Grevener Segelflieger verstanden es nicht nur in den Lüften Erfolge zu erzielen, sie waren auch führend in der Organisation ihrer Vereinsfeste. So fand in jedem Jahr, jeweils am letzten Samstag des Novembers, der große Fliegerball statt, der in Greven immer ein gesellschaftliches Ereignis war. Nach dieser insbesondere fliegerisch sehr erfreulichen Entwicklung brachte das Jahr 1939 die kriegsbedingte Wende. Während des 2. Weltkriegs verlor die Lfv-Greven ihre Selbstständigkeit. Dennoch ist in dieser Zeit Greven ein Zentrum des Segelfliegens geblieben.

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Fritz Dunkel

Unter Fluglehrer Fritz Dunkel wurden in geschlossenen Lehrgängen jeden Monat, in dem zur Reichssegelflugschule erklärten Fluggelände in der Hüttruper Heide, junge Piloten vorwiegend im Alter von 14 – 18 Jahren ausgebildet. Diese Lehrgänge waren paramilitärisch organisiert. Den nun uniformierten fliegerischen Nachwuchs rekrutierte man bereits an den Schulen. Die jungen Flieger bildete man systematisch in den theoretischen und praktischen fliegerischen Grundfertigkeiten aus, um sie nach Eignung zum Dienst in die deutschen Luftwaffe einzuberufen.

Die fliegerische Grundausbildung gliederte sich zu dieser Zeit wie folgt

  • A-Prüfung (ab 15 Jahre)
    • mindestens 30 Schulflüge, 5 Prüfungsflüge
    • Beherrschung des Geradeausfluges, Prüfung von einwandfreien Starts und Landungen
  • B-Prüfung (ab 16 Jahre)
    • mindestens 20 Schulflüge, 5 Prüfungsflüge
    • Erlernen des Kurvenflugs
    • Prüfung von einwandfreien Kurvenflügen und Ziellandungen
  • C-Prüfung (ab 17 Jahre)
    • Umschulung auf Übungssegelflugzeuge
    • mindestens 20 Schulflüge, 5 Prüfungsflüge
  • Luftfahrerschein Klasse I (ab 18 Jahre)
    • Ausbildung zum Flugzeug-Schlepp, weiterführende Theorie mit dem Ziel zum Motorpiloten
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Heiner Schulte - Baby 2b - 1943 - (Archiv: Robert Schulte)

Während des Krieges nutzte neben den Segelfliegern auch die Deutschen Wehrmacht das Fluggelände. Mit dem Kriegsende 1945 kam der Segelflugsport zum Erliegen. Die Besatzungsmächte erließen ein generelles Flugverbot. Der Verein wurde aber nicht aufgelöst.